Bündelung von Reportingsprozessen in einer Reporting Factory

Aus der Diskussion um Shared Services wurden die Vorteile einer Zentralisierung von transaktionalen Aktivitäten in Supportbereichen erschlossen. Das Reporting in einem Unternehmen wird traditionell als eine sehr analytische Aktivität betrachtet, indem Unternehmenskennzahlen und entsprechende Kommentierungen aggregiert werden, um diese zur Entscheidungsunterstützung darzustellen. Schaut man genauer in die Reportingprozesse, so findet man einen gewichtigen Teil transaktionaler Aktivitäten, die insbesondere bei der Zusammenführung und Aufbereitung des Zahlenmaterials anfallen.

 

Die Reporting Factory greift diesen Gedanken auf und vereint alle transaktionalen Aktivitäten der Reportingprozesse eines Unternehmens. Insbesondere eine effiziente Trennung der transaktionalen und analytischen Aktivitäten in den Reportingprozessen steht dabei im Vordergrund der Diskussion.

 

Aufbau der Reporting Factory

Um die Organisationseinheit Reporting Factory in der Unternehmensorganisation zu definieren, müssen die Strukturelemente eines Target Operating Models determiniert werden. Für die Ausgestaltung sind sechs Dimensionen relevant:

  1. Services: Diese Dimension bestimmt, welche Services die Organisationseinheit an ihre Adressaten liefert. Diese werden durch relevante Reports und korrespondierende Aktivitäten in den Reportingprozessen determiniert.
  2. Sourcing/Lokation: In dieser Dimension wird die Nutzung von Arbitrageeffekten durch weltweite Verteilung von internen und externen Mitarbeitern entwickelt.
  3. Governance: Die Governancestruktur regelt die Einbettung der Reporting Factory in die Organisationshierarchie und die damit verbundenen Kommunikations- und Eskalationsprozesse.
  4. Mitarbeiter: Basierend auf den zu erbringenden Services der Reporting Factory müssen kompetente Mitarbeiter in ausreichender Anzahl zur Verfügung gestellt werden. Die Anzahl von Mitarbeitern in spezifischen Rollen wird in dieser Dimension entwickelt.
  5. Prozesse: Die Reporting Factory benötigt interne Prozesse, um die Services mit entsprechendem Sourcing und der Governance zu bedienen. Diese regeln die Zusammenarbeit der Mitarbeiter und Teams innerhalb der Reporting Factory.
  6. Technologie: Eine Reporting Factory benötigt administrative Systeme, wie zur Unterstützung des Anforderungsmanagements, sowie operative Reportingsysteme, wie Data Warehouse Systeme.

Es stehen grundsätzlich drei Center-Ansätze für den Aufbau einer Reporting Factory zur Verfügung: Center of Expertise, Center of Competence und Center of Scale. Anhand beispielhafter Aktivitäten lassen sich diese Center-Ansätze schematisieren:

Abbildung 1: Center-Ansätze für eine Reporting Factory

Ein Center of Expertise inkludiert alle Aktivitäten eines Center of Competence und ein Center of Competence alle Aktivitäten eines Center of Scale. Der prozentuale Anteil an transaktionalen Aufgaben nimmt von einem Center of Scale zu einem Center of Competence bis zu einem Center of Expertise ab. Umgekehrt steigt der prozentuale Anteil an analytischen und dispositiven Aufgaben im gleichen Ausmaß.

Hinsichtlich der Zielsetzung der Center-Ansätze unterscheidet sich das Center of Scale von dem Center of Competence und dem Center of Expertise. Das Center of Scale fokussiert auf Effizienz in Reportingprozessen, d.h. Reporterzeugung mit möglichst geringen Kosten. Das Center of Competence und das Center of Expertise fokussieren auf Effektivität, d.h. Steigerung der Qualität der Reportingprozesse, beispielsweise durch mehr Konsistenz in den Informationen und bessere Führung der Entscheidungsträger durch die Informationsflut.

Die Auflistung der Aktivitäten ist in dieser schematischen Darstellung (siehe Abbildung 1) nicht vollständig. Die Unterteilung dient als grobe Richtlinie und muss im konkreten Anwendungsfall ausgeprägt werden.

 

Fazit zur Reporting Factory

Der Aufbau einer Reporting Factory ist in seiner grundsätzlichen Form eine Reorganisation bzw. Zentralisierung. Dies bringt alle bekannten Herausforderungen mit sich. Spezielle Herausforderungen der Reporting Factory liegen in der Beschaffenheit der Aktivitäten in Reportingprozessen. Stellvertretend sind hier drei Kernherausforderungen aufgeführt:

Da die Reporting Factory zur Automatisierung dispositive Systeme und keine transaktionalen Systeme nutzt, ist die Identifikation von wiederkehrenden Aktivitäten und deren Zuordnung zu Standardaktivitäten bzw. Referenzaktivitäten nicht immer eindeutig. Es ist unumgänglich, dass Referenzaktivitäten so genau wie möglich beschrieben und diskutiert werden. Insbesondere da, wo der Aktivitätensplit zwischen Reporting Factory Aktivitäten und Expertenbereich gezogen wird, ist Sicherheit in der Argumentation gefragt.

Eine weitere Herausforderung ist die Definition des Scopes der Reporting Factory. In einem Unternehmen werden in vielen Bereichen und an vielen Stellen Reports erzeugt, die nicht im ersten Schritt als solche erscheinen. Die Diskussion zur Definition eines Reports und die damit verbundene inscope und outscope Definition kann sehr langwierig werden und ist nicht immer zielführend. Hier hat sich die Methode bewährt, zunächst einmal alles zu betrachten, was in irgendeiner Form an irgendeiner Stelle von irgendwem an irgendwen berichtet wird.

Reportingaktivitäten werden in den Expertenbereichen vor der Reorganisation oftmals mit Analyseaufgaben personell vereint. Dies führt dazu, dass bei dem Aufbau einer Reporting Factory auf Basis der Aktivitätensplits und dessen Überführung in die Kapazitätsplanung sehr oft Splitheads in den Expertenbereichen identifiziert werden, die nicht eindeutig in die Reporting Factory transferiert werden können. Auch Vereinfachungsregeln – wie beispielsweise bei mehr als 50% Aktivitätenvolumen greift das Prinzip „People-follow-Function“ und relevante Mitarbeiter können direkt transferiert werden – greifen sehr selten. Dies führt unweigerlich dazu, dass durch reine Stellentransfers auch die abgebenden Bereiche zur Umorganisation gezwungen sind. Daher ist die isolierte Betrachtung zum Aufbau einer Reporting Factory ohne eine Umorganisation der Expertenbereiche quasi unmöglich.